• Hochdosierte Glukokortikoidtherapie bei Hörsturz nicht wirksamer als Standarddosis, aber mit höherem Nebenwirkungsrisiko
  • Behandlung mit Glukokortikoiden führt bei 60 % der Patienten nicht zur vollständigen Genesung
  • Neue Therapien für Hörsturz-Patienten dringend erforderlich

Prof. Stefan Plontke, Leiter der Studie am Universitätsklinikum Halle (Foto: Universitätsmedizin Halle).

Hochdosierte Glukokortikoide sind bei der Behandlung von Hörsturz-Patienten nicht wirksamer als die Standarddosis. Sie sind zudem mit mehr Nebenwirkungen verbunden und zeigen deutlich schlechteren Ergebnissen bei der Spracherkennung und Tinnituswahrnehmung. Von den mit der Standarddosis behandelten Patienten konnten sich 60% nicht vollständig erholen. Die klinische Studie unter der Leitung von Prof. Stefan Plontke von der Universitätsmedizin Halle untersuchte die Wirksamkeit verschiedener Glukokortikoid-Dosierungen bei über 300 Hörsturz-Patienten und wurde im NEJM Evidence veröffentlicht. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Glukokortikoide bei der Behandlung des Hörsturzes möglicherweise nicht ausreichend wirksam sind.  

Ein Hörsturz kann das Sprachverständnis stark beeinträchtigen und sich negativ auf das tägliche Leben der Betroffenen auswirken. Derzeit werden Glukokortikoide weltweit als Standardtherapie verschrieben. Ihre Nebenwirkungen können jedoch unter bestimmten Umständen schwerwiegend sein und es bleibt unklar, ob sie die Beschwerden der Patienten verbessern. “Obwohl diese Medikamente seit 50 Jahren weltweit in der Hörsturz-Erstbehandlung zum Einsatz kommen, gibt es keinen belastbaren wissenschaftlichen Beweis für die Wirksamkeit“, erklärt Studienleiter Stefan Plontke und betont den zunehmenden Bedarf an neuen Therapien. Viele Unternehmen forschen an Alternativen zur Behandlung des Hörsturzes. Es gibt derzeit jedoch nur eine klinische Studie mit einem neuen Wirkstoff, an der Patienten teilnehmen können: Der Wirkstoff AC102 erwies sich in präklinischen Hörverlustmodellen wirksamer als das oftmals eingesetzte kortisonähnliche Dexamethason, vermutlich weil er gezielt auf die geschädigten Sinneszellen und den Hörnerven wirkt. Jetzt sollen klinische Studien zeigen, dass der Effekt im Menschen vergleichbar ist. „Die Ergebnisse der HODOKORT-Studie überraschen uns nicht. Glukokortikoide sind als Entzündungshemmer für viele Beschwerden eine gute Behandlungsmöglichkeit. Zur Behandlung des Hörsturzes gibt es keinen überzeugenden Wirkmechanismus, wie auch unsere eigenen Forschungsergebnisse zeigen.“ sagt Dr. med. Reimar Schlingensiepen, CEO von AudioCure Pharma.

Nach 50 Jahren Behandlung des Hörsturzes mit Glukokortikoiden würde ein neues und wirksames Medikament für diese Erkrankung einen wichtigen Paradigmenwechsel bedeuten.

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Frauke Luers